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Evangelisch Sankt Ulrich
die kleinere der beiden Augsburger Ulrichskirchen
Allgemeines
Evangelisch Sankt Ulrich ist der um einiges größeren katholischen Kirche Sankt Ulrich und Afra im rechten Winkel vorgelagert, wenn man von der Maximilianstraße oder vom Ulrichsplatz Richtung Süden blickt.
Die Abteikirche des reichsfreien Benediktinerklosters Sankt Ulrich und Afra war früher von einem Ring kleinerer Kirchen und Kapellen umgeben. Die heutige evangelische Kirche Sankt Ulrich war dabei früher der größte Anbau.
Im Inneren läuft im Norden, Osten und Süden eine Empore in schwerer Holzarchitektur um den Gemeinderaum. Ebenfalls äuffällig ist die Kanzel der Kirche.
Neben allen anderen Details der Kirche besitzt Evangelisch Sankt Ulrich wie viele andere evangelische Augsburger Kirchen einen bemerkenswerten Bestand an Tafelbildern von verschiedensten Meistern.
Von den Treppen der evangelischen Ulrichskirche sieht man östlich an Evangelisch Sankt Ulrich angebaut das katholische Pfarramt von Sankt Ulrich und Afra.
Geschichte
Entstanden ist die Kirche wahrscheinlich aus einer Art Markthalle, die als Vorhalle für die dahinter liegende Klosterkirche Sankt Ulrich und Afra diente. Schon 1457 wurde dies Halle umgebaut und für den Gemeindegottesdienst genutzt. Damals wurde das große Gotteshaus umgebaut. Damals sprach man vom "Predigthaus zu Sankt Ulrich" oder nannte das Gebäude "St. Ulrichsgred". Dieses Predigthaus diente Wallfahrern als Kaufstätte und Augsburger Bürger? ließen sich hier begraben. Schon damals mauerte man Arkaden, die nach Norden hin offen waren, zu.
Nach 1517 hielt in der Ulrichsgemeinde die Reformation Einzug, weshalb diese Kirche von den Augsburger Protestanten in Besitz genommen wurde. Der Pfarrer heiratete und man baute 1529 ein eigenes lutherisches Pfarrhaus. Anlässlich das Reichstags? von 1530 hielt man in der Kirche einen Festgottesdienst. 1537 erfolgte in der Kirche ein Bildersturm und so löste sich die Kirche Schritt für Schritt von der katholischen Klosterkirche Sankt Ulrich und Afra.
Schon vor dem Dreißigjährigen Krieg wandelte die Gemeinde den Saal in eine Kirche protestantischer Prägung um, was bedeutete, dass man sie auf Kanzel und Altar gleichermaßen ausrichtete. Während des Dreißigjährigen Krieges schloss man Evangelisch Sankt Ulrich von 1635 bis 1648, doch nach dem Westfälischen Frieden erhielten die Augsburger Protestanten ihre Kirche wieder zurück.
Weil die ehemals katholische Gemeindekirche nicht den Anforderungen der evangelischen Liturgie angemessen war, änderten die Protestanten im 16. und 17. Jahrhundert den Saalbau durch kleinere Eingriffe immer wieder. So erhielt die Empore um 1680 ihre Leinwandbilder oder der Altar seinen Altaraufbau 1693. Künstler des Altars war Daniel Scheppach?, das Altarblatt kam von Johann Heiss? und zeigt das Letzte Abendmahl.
Weil sie damals renovierungsbedürftig war, entschloss sich die Gemeinde unter Max Loeser? (1657-1722) im Jahr 1710 zu einem kompletten Umbau, wobei Evangelisch Heilig-Kreuz als Vorbild diente. Im Zuge dieser Renovierung entwarf der Goldschmied Abraham Drentwett? Régence-Stuck, den Matthias Lotter? (1660-1743) aufbrachte. Das war nicht einfach, denn er konnte sich bei seiner Arbeit nicht an einem Fresko oder Architekturgliedern orientieren. Deshalb verteilte er den Stuck über die gesamte Fläche und setzte symbolische Darstellungen in gerahmte Felder und Kartuschen. So setzte er sie von den Wolken, Engelsköpfen, Blumen und Ranken ab, die sie umgaben. Von 1710 stammt auch die heutige Kanzel.
1730 erhielt die Predella des Altars ein Bild mit dem Titel "Taufe Christi". Wer es schuf, ist jedoch unbekannt.
Die Kirche wurde 2002 geschlossen, um sie zu renovieren. Der Dachstuhl war vom Hausschwamm besetzt, die Mauern des Gotteshauses neigten sich immer mehr nach außen, die Stuckdecke wies Risse auf. Der neue Farbanstrich der evangelischen Kirche St. Ulrich orientierte sich an der barocken Kirchenfassade von 1709: ein warmer Grauton. Gesimse, Voluten und andere architektonische Gliederungselemente wurden davon in Weiß abgesetzt. Evangelisch Sankt Ulrich wurde also genau umgekehrt gestrichen wie die katholische St. Ulrichsbasilika, an der sie lehnt. Eine schöne optische Zusammenführung der beiden Kirchenbauten unterschiedlicher Konfessionen. Beendet wurde die Renovierung 2007.
Heute hat die Gemeinde Evangelisch Sankt Ulrich etwa 3.400 Mitglieder.
Details
Die Fassade, die zur Maximilianstraße zeigt, ist eine Schaufront. Das Hauptportal wird von Pilastern gerahmt und hat einen gesprengten Segmentgiebel. Rechts und links davon befinden sich Seitenportale. In die Schaufront eingelassen sind Rechteckfenster mit geohrten Rahmen, darüber fünf große Segmentbogenfenster, die an das Hauptgesims stoßen. Die Schaufront geht in einen Volutengiebel über, in dem eine Uhr mit kräftigem Rahmen und zwei ovale Fenster auffallen. Abdachungen, die wie Palmzweige wirken, führen den Blick zu einem Giebeltürmchen mit sechs Ecken, das durch Pilaster gegliedert ist und durch eine Zwiebelhaube abgeschlossen wird.
Der Raum im Inneren ist rechteckig. Die Nische für den Altar und die Orgel wird von einem Vorhang aus Stuck gerahmt und so betont. Heute blicken wir auf eine flache Tonnendecke, doch vor 1710 hatte Evangelisch Sankt Ulrich eine Holzdecke.
Die Ikonographie des Stucks ist zweigeteilt. In den großen Feldern sind zu sehen:
- das Auge Gottes, das für das Alte Testament steht,
- der Name Jehova, der für das Opfer des Neuen Testaments steht,
- ein musizierender Engel
- das Lamm Gottes
- die Taube des Heiligen Geistes.
In den kleinen Stuckfeldern sind zu sehen:
- Rauchfässer, die das Gebet der Gläubigen symbolisieren,
- Psalmen, die für Lobgesang stehen,
- Palmzweige, die den guten Kampf darstellen,
- Kreuz und Krone, die für die ewige Belohnung stehen.
In den Kartuschen sind dargestellt:
- eine Öllampe für den nie erlöschenden Glauben
- ein Taubenpaar für die Liebe
- ein Herz für die Geduld
- ein Anker für die Hoffnung.
In der Wölbung sind die zwölf Apostel, Christus und Maria abgebildet.
Die Empore der Kirche ist mit 26 Leinwandbildern geschmückt, deren Farbigkeit an Rembrandt erinnert. Die Bilder stellen Szenen des Alten Testaments dar und gehen auf folgende Künstler zurück:
- Franz Friedrich Franck (1627-1687)
- Ernst Philipp Thomann von Hagelstein (1657-1726)
Weitere qualitätvolle Tafelbilder der Kirche stammen u. a. von
- Johann Heiss (1640-1704)
- Johann Heinrich Schönfeld (1609-84)
- Isaak Fisches dem Älteren (1638-1706)
Der Altaraufbau und die Orgel bilden eine Einheit. Der Altaraufbau hat korinthische Säulen und einen gesprengten Segmentgiebel. Hinter ihm auf einer weiteren kleinen Empore steht das Orgelgehäuse, das Akanthus geschmückt ist. Das Altarblatt zeigt das Abendmahl und wurde von Johann Heiss (1640-1704) geschaffen. Für die Schnitarbeiten könnte Daniel Scheppach (1660-1729) beauftragt worden sein.
Weil die Kanzel im protestantischen Gottesdienst eine hohe Bedeutung hat, wurde sie besondern prächtig gestaltet. Hier hat Daniel Scheppach auf jeden Fall gearbeitet. Der Kanzelkorb zeigt symbolisch die Evangelisten, Putten besetzen den Schalldeckel und tragen neben den Gesetzestafeln und den Evangelien auch die Confessio Augustana und die Wittenberger Konkordie. Über ihnen erheben sich das Lamm Gottes und Johannes der Täufer. Möglicherweise stammen diese beiden Darstellungen von Ehrgott Bernhard Bendl? (um 1660-1738).
An der Kanzelwand hängen unter der "Himmelfahrt" von E. Ph. Thoman zwei Spätwerke von Johann Heiss?, die er selbst der Kirche vermachte: "Geißelung" und "Dornenkrönung".
An hohen Festtagen stellt die Gemeinde vor das Predellabild des Altars ein kostbares Silberrelief, das der Augsburger Goldschmied? Abraham Drentwett? 1695 schuf. Es zeigt die Taufe Christi.
Adresse
Ulrichsplatz 21
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